Namibia-Safari-Erlebnis, nicht nur mit wilden Nashörnern

In Afrika wurden Nashörnern die Hörner abgesägt und verbrannt, um sie vor Wilderern zu schützen, so auch in Namibia, im Damaraland bei den Himbas, dem letzten Naturvolk Afrikas, im Nord-Westen unserer ehemaligen deutschen Kolonie. Andrea, die Besitzerin der Farm Sonnleiten in der 4. Generation, meine Partnerin, eine sogenannte Südwesterin, mit ihr wollte ich diesen wilden, unwegsamen Landesteil, auch Kaokofeld genannt, erleben. Im Namibia-Forum wird angeraten, in dieses Gebiet nur zusammen mit einem zweiten Geländewagen zu reisen. Unsere langjährige Erfahrung und ein Satelliten-Telefon schienen uns aber genügend Sicherheit zu bieten.

„Jeder Besucher, der in unser Naturschutzgebiet fährt, ist sehr willkommen“ Mit diesem Satz empfing uns der Ranger am Eingangstor. „Wilderer im südlichen Afrika, Poacher genannt, werden von euch gestört“, wurde uns erklärt. „Ihr könnt mit eurer Safari den Nashörnern helfen.“ Der Ranger überreichte uns stolz ein Permit und eine handgefertigte Karte. „In den Huanib wollt ihr, da werdet ihr mehrere Übernachtungen benötigen.“ Auf der von uns im Supermarkt erworbenen Namibia-Karte waren es eigentlich nur 140 km zu diesem Huanib-Fluss, in Namibia Revier genannt. Revier, ein Trockenfluss mit periodisch fließendem Wasser.

Das Tor mit einer abschreckenden Totenkopfzeichnung wurde geöffnet, ein freundliches Winken und dann ging es zuerst einmal in Schrittgeschwindigkeit über Stock und Stein Richtung Westen, Richtung Atlantikküste. Wir waren erst am späten Nachmittag ins Wildgebiet gekommen, die Anreise aus Windhoek, überwiegend auf Asphalt Straßen, hatte etwa acht Stunden gedauert. Auf dem ersten Übernachtungsplatz am Rande eines kleinen, namenlosen Reviers fühlten wir uns trotz der Löwenspuren im roten Flusssand sicher. Was unseren wirklichen Standort im Wild-Gebiet betraf, bestand Unwissenheit. Diese Standortfrage oder besser gesagt „Wo befinden wir uns eigentlich?“ hat uns noch weiterhin Schwierigkeiten bereitet. Wir stellten unseren Tisch und die Stühle ganz nahe ans Auto. Holz für ein großes Lagerfeuer konnte ich in unmittelbarer Nähe unseres Autos sammeln. Ein weit sichtbares Feuer hat noch immer den Besuch wilder Tiere am Übernachtungsplatz verhindert. Noch bevor die Sonne mit dem Mond gewechselt wurde, lagen wir im Zelt.

Eingang zum Skeleton-Coast-Park

Wer ist das Beste Safarifahrzeug im Land, Toyota-Landcruiser oder Landrover. Witze diesbezüglich sind Legenden.
Mehrere Tage in einer Landschaft zu fahren, die unberührt und wegen ihrer Abgeschiedenheit auch menschenleer sein wird, unsere Vorfreude war fast grenzenlos. Zuerst mal einige Kilometer Richtung Atlantik-Küste, also Westen, und dann nach Norden, so war unser Plan für den Tag. Nach drei Fahrspurgabelungen ging es aber immer noch nicht in den Norden, die Spur zeigte, je länger wir sie verfolgten, einen Trend nach Süden. Die Pad (der Weg) nach Norden wird schon noch kommen, hofften wir. Als wir dann allerdings an einem sogenannten Veterinärzaun standen, wussten wir, wir befinden uns viel zu weit südlich. Mit diesen Zäunen, die quer durch Afrika laufen, werden Wildgebiete von Gebieten mit Nutztieren abgetrennt, um Seuchen zu vermeiden. Wir waren uns sicher, das ist der Grenzzaun zum Skeleton Coast Park. Jetzt knobelten wir mit den Überlegungen, zurückfahren oder mal einfach den Zaun entlang, um die nächste Möglichkeit nach Norden zu nehmen. Die Würfel fielen für die zweite Variante.

Tatsächlich, eine Fahrspur zweigte nach einigen Kilometern in den Norden ab. Das zeigte uns auch der Kompass, den wir immer wieder zu Rate ziehen mussten. Im Norden lag das Ziel unserer Safari, das Trockenflusstal des Huanib, mit seinen Wüstenelefanten. Es ist ein meist unterirdisch fließender Strom, Strom deshalb, weil er, wenn auch nur unterirdisch, ins Meer, in den Atlantik mündet. Erleichtert nahmen wir diese Richtung. Aber nach Durchquerung mehrerer Schotterfelder, die tiefe Auswaschungen von vor Urzeiten einmal geströmten Wassers erkennen ließen, führte diese Pad, so wird eine Fahrspur in Namibia genannt, letztendlich zu weit nach Osten, das würde bedeuten zurück zum Eingangsgate. So oft wir auch unseren Kompass um Rat fragten, die Nadel wollte nicht nach Norden drehen. Inzwischen gibt es Apps und GPS, wir reisen aber gerne wie mit mittelalterlichen Kutschen, aber doch mit Kühlschrank und Dusche.

Unser erster Übernachtungsplatz

Es war bereits 16 Uhr, die Sonne brannte noch vom tiefblauen Himmel. Ich, ein Europäer, nenne diese Farbe „unverschämtes Blau“. Der wolkenfreie strahlende  Himmel sorgte für angenehme, für dieses Gebiet übliche 35 Grad im Schatten. Aber Schatten gab’s eigentlich nur im Geländewagen. Erst das Flussbett dieses Huanib, unser Ziel, versprach Schatten unter seinen riesigen, alten Bäumen. Dort erwarteten uns  auch die Wüstenelefanten, mit denen wollten wir den Schatten teilen. Vor einiger Zeit habe ich euch schon mal über diese etwas kleinere Spezies der afrikanischen Elefanten geschrieben.

Hunanibtal

Da war die Situation, dass ich im Sand stecken blieb, nicht flüchten konnte, als solch ein Wüstenelefant, dem ich zu nahe gekommen bin, einen Angriff, auf mein Begleitfahrzeug startete. Wie üblich war es nur ein Scheinangriff. Solange Elefanten nicht ihren Nachwuchs beschützen müssen und Raum haben, um auszuweichen, werden sie das mit Sicherheit tun.

Zurück zur rätselhaften Fahrspur. Zwei Möglichkeiten hatten wir jetzt: Wenden, oder weiterfahren in der Hoffnung, die Spur geht nach dem vor uns liegenden Bergrücken doch noch im weiteren Verlauf nach Norden?

Es ist ein erbärmliches Gefühl eine Spur zurück fahren zu müssen.

Fahrspuren

Letztendlich wählten wir eine Spur zurück in den Süden, auf unserer bereits bekannten Spur, in der Hoffnung, einen Abzweigung übersehen zu haben. Es kam tatsächlich dann der Abzweig, den wir ignoriert hatten. Diese Spur führte uns in eine ausgewaschene Schlucht. Dort mussten wir uns über treppenartige Felsrippen kämpfen. Am besten zu beschreiben, als Treppensteigen mit dem Auto. Belohnt wurden wir am Ende mit einer großen Herde Elefanten. Die Herde, ca. 20 Tiere, bewegte sich entlang unserer Route. In solch einer sogenannten Steinwüste ist es oft nicht möglich, querfeldein zu fahren. Dort ist meist alles zu unübersichtlich, es sind mal Ebenen mit feinem Sand oder Kies, mal geht eine flache Kuppe in einen Steilabbruch oder die Felstrümmer werden so mächtig, dass auch ein Raupenfahrzeug nicht weiter käme. Wir mussten uns schon auf die Spuren unserer Vorgänger verlassen.

Schlechtgelaunt

Elefanten, die Könige der Tiere

Eine Zeitlang in gebührendem Abstand der Elefantenherde hinterher zu fahren machte Spaß. Dabei ein Neugeborenes zu beobachten, wie es von der Mutter betütelt wird, wie es neugierig alles Mögliche mit seinem winzigen Rüssel betastet, wie es geschützt inmitten der Herde gehalten wird, das sind Erlebnisse, die ein Menschenleben prägen können. Da wird der wünschenswerten, angenehmen, freudvollen Namibia-Virus indizieren. Eigentlich wollten wir ja Nashörner beobachten. Deshalb beschlossen wir, uns vorsichtig von hinten anzuschleichen, um dann schnell an den wandernden Elefanten vorbeizukommen. Schon bei der ersten Drehzahlerhöhung unseres Motors  nahm uns nicht nur der Bulle mit abgespreizten Ohren ins Visier, die ganze Herde, selbst der Zwergenelefant, rannte auf uns zu. Ein Zurück, ein Wenden gab es nicht mehr, also durch. Einen solchen Dickhäuter durchs offene Autofenster nur bis zu seinen Stoßzähnen zu sehen, nicht zu wissen, was sein Rüssel auf dem Autodach vorhat, wirkt blutdruckfördernd. Es hilft nur Augen stur auf die Pad und hoffen, dass die Elefanten nur die üblichen Drohgebärden veranstalten. Auch sollte die Spur keine  Fluchtgeschwindigkeit hemmende Biegung macht.

Rabiater Herdenchef

Zu Hilfe kam uns eine neben der Fahrspur überraschend auftauchende, offene Fläche mit feinem Kies, auf der ich mein Tempo erhöhen konnte. Auch die Herde begriff, dass wir jetzt keine Gefahr mehr für ihren Nachwuchs darstellten. Ihr Trompetenchor klang zwar immer noch beängstigend, aber der sich laufend vergrößernde Abstand beendete das archaische Konzert der Könige der Tiere.

Ich behaupte, die Elefanten sind die wahren Könige im Tierreich, seit ich mit ansehen durfte, wie ein einzelner Elefantenbulle ein ganzes Rudel Löwen durch Wasserpfützen scheuchte. Wer weiß, wie wasserscheu diese Großkatzen sind, kann ihr katzenartiges Gejammer, das ich damals hörte, verstehen. Aber davon in einem anderem Reisebericht.

Langsam meldete sich unser Magen, an essen denken nach solch einem aufregenden Erlebnis, auch wenn dieses nur wenige Minuten dauert, das fühlt sich an wie Hunger in einem leergekauften Supermarkt. Im unserem Geländewagen befindet sich zumindest ein Minimarkt mit Kühlschrank, ähnlich einem Wohnmobil. Der Essensplatz müsste unter einem Baum sein, nur im Schatten sind diese inzwischen 36° vom wolkenlosen, unverschämt blauen Himmel gemütlich zu ertragen. Ein solcher Parkplatz sollte nicht unter einer Akazie sein. Ihre manchmal mehrere cm langen, eisenharten Dornen können jedem Autoreifen die Luft abwürgen. Ein Reifenwechsel am Mittag, Schatten nur unter dem Auto, dazu eine sich nähernde Elefantenherde, dann noch ein brüllender  Löwe in Anmarsch, das gehört zu den Highlights die nicht nötig sind. Das erlebt man nur einmal im Safari-Leben.

Atemberaubende Weite

Nach dem überstandenem Nervenkitzel  mit den Elefanten, nach dem  auch der Magen beruhigt wurde, kam wieder die Frage hoch, wo sind wir eigentlich? Heute war der dritte Tag, die Gesamtstrecke belief sich laut Touristenkarten auf 180 km vom Eingangsgate zum Flusstal. Der Tacho zeigte für 3 Tage 60 km Gefahrenes. Täglich sechs Stunden unterwegs, geteilt durch 3 Tage macht ca. 10 km, die wir stündlich an Strecke zurückgelegt haben. Ein Jogger könnte das auch schaffen, wären da nicht die wilden Tiere und die Wüstensonne wäre. Übrigens, im Okovango-Delta habe ich vom eingezäunten Lager aus einen Tourist beim joggen beobachtet. Das bezeichne ich mit „Würstle schnappen“ für Löwen.

In diesem abgelegenen Gebiet kommt Wasser nicht von oben, es quillt von unten aus dem Boden.

Die Großkatzen und Wasser sind keine Freunde

Inzwischen standen wir verblüfft und verwundert auf einem Bergssattel, der am höchsten Punkt  Wasser frei gab. Woher kommt Wasser auf eine Anhöhe? Frisches, grünes Gras, saftige Flechten, Schilf, blanke humusartige Erde, teilweise weiß überzogen vom ausgedunsteten Salz, und wir konnten es kaum glauben, jetzt, in der Trockenzeit, wenn auch nur ein Rinnsal, fließendes Wasser!

Wir entdeckten, wie Tiere auch ohne künstlich angelegte Wasserstellen überleben können. Eine Gruppe Oryx, die genügsamste Antilopenart Afrikas, entfernte sich bei unserer Ankunft einen Hang hoch. Eine Springbockherde entschloss sich, nicht gleich abzuwandern, beäugte uns  über einen längeren Zeitraum abwartend, als wüssten sie, die werden bestimmt bald weiterfahren. Zuerst erwägten wir eine Übernachtung an der natürlichen Wasserstelle. Allerdings fuhren dann doch weiter, denn wir sahen wieder Löwenspuren, dazu den Abdruck von Hyänentatzen. Auch kam das Gefühl hoch, diese wichtige Wasserstelle für viele Tiere zu versperren ist unrecht.

Springböcke, beliebtes Löwenfutter

Von der Wasserstelle führten unzählige Tierspuren und drei Fahrzeugspuren in die sich öffnende  Weite der Steinwüste. Den Horizont begrenzten pyramidenartige Berge, die im Sonnenlicht aus Eisen zu sein schienen. Zwei von diesen Spuren konnten wir ausschließen, sie führten in die total falsche Richtung und sie waren auch zu unbenützt.

Langsam kam dieser kühle Wind vom Meer. Der kalte Benguelastrom, der an Namibias Küste nach Norden strömt, brachte uns angenehm Kühlung, bescherte aber auch Namibia die Namib-Wüste, die älteste Wüste unserer Erde. Dort gibt es kaum Niederschlag, weil die kalte Luft des Benguelastromes die gesamte Feuchtigkeit des Atlantiks schon weit vor der Küste abregnen lässt.

Halbwüste

Wenn wir in unsere gewünschte nördliche Richtung fahren, muss der Wind von links durchs Auto blasen. Zum Kompass, zum Sonnenstand konnten wir also auch die Windrichtung zur Orientierung mit einbeziehen. Aber Achtung, auf der Südhalbkugel läuft die Sonne nicht über Süd, sondern über den Norden. Namibische Karten zeigen auch keine Fahrspuren an, sonder nur Hauptwege, die dann auch mit Nummern bezeichnet sind. Fahrspuren wurden einst von einem mutigen Geländefahrer gelegt und manchmal von Nachfolgern verbessert. Ob diese Abenteurer auch wussten, wohin sie fuhren, das konnten wir nur hoffen.

Gerne hätten wir schon jetzt übernachtet. Ein Lager aufbauen, dazu konnte ich mich heute nicht entscheiden. Wo unser wirklicher Standort ist, das war mir zu wichtig, also weiterfahren.

Begegnung mit einem wildlebenden Nashorn außerhalb eines Nationalparks

Rhino am Horizont

So, das ist jetzt unser Schlafplatz, legten wir fest, als wir eine grüne Baumgruppe sahen. Beim Näherkommen stellten wir fest, dass es ein Feuchtgebiet mit Buschgruppen war. Vorsichtig näherte ich mich, immer mit einem Auge den Untergrund prüfend. Diese kleine grüne Insel, besser gesagt ein Kessel, könnte auch zu sumpfig, zu morastig sein. Gerade wollten wir an einem gemütlich wirkenden Platz anhalten, die Autotüren waren noch nicht geöffnet, da schoss ein Rhino wie von Sinnen durch das Dickicht auf uns zu. Letztendlich schien unser Auto aber für den Koloss  doch eine Nummer zu groß zu sein. Er bremste in einer Staubwolke, kurz vor unserem Kühler. Es ging so schnell, dass wir erst später registrierten, dass dieses Rhino ein abgesägtes Horn hatte. Diesmal wäre keine Zeit gewesen, rückwärts zu fahren, was wir tun, sobald uns ein Wildtier zu nahe kommt. Vom Fenster des Geländewagens diesen Koloss angstfrei betrachten zu können, vergütet Hitze und Staub jeder Safari.

Unser wildgewordenes Rhino

Es war also nichts mit Übernachten, der Platz gehörte den Rhinos. Im Dämmerlicht fuhren wir ca. zwei Kilometer weiter, fanden einen offenen Platz ohne Gebüsch, mit urzeitlichen Steinformationen, die uns eine Nische anbot. Dort fühlten wir uns so geschützt, wie Zuhause auf der Farm.

Zwei Kilometer Entfernung, das waren dem Rhino anscheinen zu wenig. Mitten in der Nacht wachten wir auf. Das Rhino umkreiste uns schnaubend und tobend. Es wirbelte Staub auf wie eine Herde panischer Büffel. Das alles sah zusammen mit dem außer Rand geratenen Tier sehr beeindruckend in unseren Lichtkegeln aus. Gelobt und gedankt sei unser sicheres Dachzelt. Auch ein übliches Zelt am Boden ist für Tiere kein jagdbares Wild und deshalb sicher. Jahrelang habe ich das Zelten so praktiziert und keinen Fall von einem Tier-Angriff gehört.

Für uns gab es aber inzwischen kein Zurück mehr, da wäre ein Kraftstoffproblem aufgetaucht. Austesten, durchstehen war die einzige Möglichkeit. Wir entschlossen uns, jetzt mal die ausgefahrenste Piste zu nehmen. Zuerst kam ein Hochplateau, dessen Rundumsicht uns zu unserem wildgewordenen Rhino Platz zurückblicken lies. Der Blick nach vorne zeigte uns eine Spur, die in den ersehnten Norden führte. Das wirkte beruhigend für die Gefühlslage.

Unser Magen aber, der wollte auch noch beruhigt werden. Er suggerierte uns eine bayerische Brotzeit. Zu solch einer Jause, wie die Östereicher sagen, gehört für mich deutsches Schwarzbrot und Essiggurken. Die Gurken gibt es in jedem namibischen Markt, das Schwarzbrot wird von einem deutschstämmigen Bäcker aus Swakopmund, einer Stadt am Atlantik, gebacken und landesweit vertrieben.

Fast jeder der 10% europäischen Einwohner Namibias kauft dieses Brot. Übrigens, von diesen 10% ist 1% deutschen Ursprungs. Meine Frau lebt in der 4. Generation in Namibia.

Nicht mehr hungrig, jetzt kann es beruhigt bergab in Richtung der zwei Taleinschnitte gehen. Der weitere Verlauf dieser Spuren war von hier noch nicht zu erkennen. Führte die Spur ins rechte Tal, war unsere Routenplanung falsch, nur das linke Tal konnte uns dem Huanib näher bringen. Unsere Hoffnung erfüllte sich, wir atmeten nach zwei Fahrstunden und jetzt flotten 20 km pro Stunde auf. Der kühle Seewind kam wieder durch die linke geöffnete Autoscheibe. Richtige Erleichterung kam auf, als wir eine Landschaft erreichten, die ich von anderen Touren entlang des Atlantiks als die küstennahe Landschaft erkannte. Links das Meer, die Spur nach Norden. Das sagte auch unser Kompass, mit dem wir immer die Richtung prüften. Das einzige Ungemach an diesem frühen Nachmittag, der immer stärker werdende Küstenwind. Er überholte uns regelmäßig, zusammen mit unserem eigenen, aufgewühlten Staub, wir fuhren durch grauen Puderzucker, der sich in unserem Innenraum verteilte. Es knirschte zwischen den Zähnen, bleibt nur Runterspülen mit den zwei bis drei Litern Wasser, die bei solchen Klimabedingungen unbedingt täglich getrunken werden sollten. Schneller als der uns begleitende, oft überholende, auch sichtbegrenzende Staub konnte ich nicht fahren. Immer wieder tauchten unverhofft federmordende Querrinnen auf, die wohl  irgendwelche Wolkenbrüche, irgendwann ausgewaschen hatten.

Die richtige Spur

Inzwischen waren wir schon so weit in Küstennähe, dass die Abflussrichtungen der Täler regelmäßig von Ost nach West in den Atlantik, unsere Spur im rechten Winkel querten. Noch einmal ging es eine kilometerlange Steigung hoch. Dort oben angekommen trafen wir unverhofft auf eine Herde Springböcke, auch ein Zeichen, dass bald mehr Wasserstellen kommen mussten. Vielleicht sogar der Huanib. In einer Schlucht, auf dessen Talgrund Felsblöcke wie verteilte Murmeln lagen, schien auch der richtige Übernachtungsplatz für diesen Tag gekommen zu sein. Um die Wackersteine hatte sich Wasser angesammelt. Tierspuren und deren Losung waren überall zu sehen, die untergehende Sonne ließ uns auch noch Zeit, Feuerholz zu sammeln und das Safaribuffet aufzubauen. Den Kühlschrank durchsuchten wir nach Getränken um den verschluckten Puderzucker durch den Magen zu spülen. Wie Medizin wirkt da ein kühles Bier „Windhoek Lager“, ein deutscher Braumeister garantiert für das Reinheitsgebot und den guten Geschmack, in der in Windhoeker Brauerei.

Chameleon handfarben

Beim letzten Licht erkundete ich noch einmal die nächste Umgebung, vor allen Dingen auf Spuren achtend, es könnte sich ja auch ein Löwe in dieses Tal verguckt haben. Unser Platz, etwas erhöht, um vor einer etwaigen Gewittersturzflut sicher zu sein, wirkte auf uns wie Zuhause in einem einsamen Alpenhochtal. Bald brannte das Lagerfeuer, ein Glas Rotwein vor dem zu Bett gehen, ein Fluchtachterl, wie die Österreicher das nennen. Angenehme Nachttemperaturen, dazu die Überzeugung, inzwischen auf der richtigen Pad zu sein, was will ein Tourenfahrer mehr?

Die Richtung für die Weiterfahrt war klar. Die Berge, die im Morgendunst zu erkennen waren, konnten nur das Randgebirge des Huanibs sein. Unsere Spur wurde immer abwechslungsreicher, aber damit auch anstrengender. Lockere Geröllfelder beim Durchqueren von Nebenflüssen, steile Ufer, da half immer wieder unser Vierradantrieb. Hilft der nicht, käme unsere elektrische Seilwinde zum Einsatz. Mit zunehmenden Tagestemperaturen wünschten wir uns immer dringlicher einen schattigen Platz unter einem der riesigen, archaischen Bäume (Anabäume) im Flusstal herbei.

Gesicherte Wasserstellen

Im Huanib selber wurde vor einigen Jahren eine Brunnen mit einer Wasserstelle gebohrt. Die Pumpstation ist gesichert wie eine mittelalterliche Burg. Von Elefanten weiß man, sie können fast alles zerlegen, wenn sie durstig sind und Wasser riechen. Ich selbst kenne zwei Camps, in denen Elefanten Hochbehälter umstürzten und Wasserleitungen aus dem Boden rissen, um an das Nass zu kommen.

Unsere Wassertanks waren inzwischen fast leer. Die 150 Liter im Auto haben wir nicht leer getrunken. Der Grund für unseren Wassermangel war die Dusche jeweils am Abend, wenn auch mit Sparwasser. Sie ist purer Luxus, den wir uns aber gerne leisten auf staubigen, schweißtreibenden Safaris. An dieser solarbetriebenen Pumpstation haben die Bauleute eine kleine Öffnung im Mauerwerk gelassen, damit von einem dafür vorgesehenen Wasserhahn abgezapft werden kann. Jedes Mal, wenn ich den sogenannten Burg-Innenhof mit dem vier Meter hohen Wassertankturm betrete, erhöht sich mein Blutdruck, seit ich aus Erzählungen von Bekannten hörte, dass sich im Innenraum auch Löwen wohlfühlen.

Für einen Löwen sind wir Menschen kein jagdbares Wild. Wird ein Löwe aber zum Beispiel an seinem Riss überrascht, gilt das Futterneid-Gesetz, das ist unerbittlich! Im Huanib gab es früher nur einige wenige Wüstenelefanten. Damals mussten sie ihr Wasser im angeschwemmten Sand vor Felswänden graben. In der Trockenzeit wanderten sie in der Regel aus dem Tal ab.

„Du könntest mir schmecken, komm raus aus dem Auto“

Inzwischen findet man im Huanibgebiet ganzjährig eine Palette von Wildtieren. Die Chancen, auch Spießböcke, Affen, Zebras, Giraffen usw. dort zu sehen, sind sehr groß, denn nur wenige Meter neben dem sieben bis 100 Meter breiten Flussbett ist auch für die Tiere unwegsames Wüstengebirge.

Die vom Randgebirge in die Ebene der Skeleton-Coast in den Atlantik mündenden Reviere, Huab, Koichab, Uniab, Huanib, Huarusib, alle fließen sie überwiegend unterirdisch. Bei Wolkenbrüchen, auch wenn sie kilometerweit entfernt niedergehen, werden diese Täler zu reißenden Strömen. Zwei Tage sind wir wartend an solch einem Flussbetten gestanden. Ein ständig fließendes Gewässer ist nur der Kunene, der nördliche Grenzfluss Namibias zu Angola. Wasser ist Leben, eingeatmetes Salzwasser kann sogar unsere Zellen durchdringen und führt nicht zu einer Lungenentzündung. Natur, die absolute Natur, ist für mich die Metapher für „Über sich selbst nachdenkendes Leben“

Liebe Freunde, ich beschreibe Euch solch eine Safari nicht, um uns als Helden oder Abenteurer darzustellen. Wir empfinden und sehen solche Touren in die absolute, wilde Natur als die Krönung auf dem Lebensweg, der uns nach Namibia geführt hat. Es bedarf, gemessen am Gegenwert, wenig Geld aber viel an Information und Mut, um auf dieser unserer Erde, übrigens laut Wissenschaftlern eine von 200 Milliarden im bisher uns bekannten Universum, eine Krone zu erwerben.

Lasst mich Euch zum Abschluss meines Berichtes etwas Grundsätzliches zum Nachdenken über Natur und uns Menschen schreiben.

Fragt man Grundlagenforscher nach Gott, antworten sie gerne: „Gott ist die Absolute Information“. Unsere Fähigkeit, gedanklich unseren stofflichen Körper zu verlassen,wir tun dies, wenn wir über unsere Persönlichkeit (Bewusstseinseinheit) und deren Zukunft nachdenken, lässt nur einen Schluss zu: Wir leben, um Information, Wissen für unsere Entwicklung zu sammeln.

Wenn es also kein Ende gibt, kein gedankliches Ende, dann kann es nur die Unendlichkeit geben. Ist diese Unendlichkeit der Gott, den die Menschen suchen, seit sie über sich selbst nachdenken können?

Elefanten am Morgen

Liebe Freunde, lasst diese meine Frage einfach so stehen, es wird nie eine beweisbare Antwort darauf geben. Auf meinem Portal steht der Grund, warum es ewig Fragen und Entwicklungen geben wird, die nur über unsere Leben zu beantworten sind. Es muss nicht diese geschilderte Safari sein, die eine Illusion zum Gefühl und dann zum Tun führt.